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Im Bild: Claudia Gächter, Pfrin. Sabine Gritzner-Stoffers und Fabienne Heeb vom Vorbereitungsteam mit Fachpersonen (Bild: ms)

Der Projekttag «Den 5 Weltreligionen auf der Spur» wurde in Zusammenarbeit von Primarschule Heerbrugg (vertreten durch Fabienne Heeb) und dem ökumenischen Team Au-Heerbrugg (PA Reinhard Paulzen, Marion Höpfner, Claudia Gächter, Martina Schläpfer, Pfrin. Sabine Gritzner-Stoffers) vorbereitet.

Ziel des Tages war es, den Schüler*innen der 4.-6. Primarschulklasse die Möglichkeit zu bieten, mit Gläubigen aus den fünf grossen Weltreligionen (Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam und Judentum) ins Gespräch zu kommen. Im Vordergrund stand die persönliche Begegnung mit einem Vertreter, einer Vertreterin der jeweiligen Religion. Die Fachpersonen waren eingeladen, den Schüler*innen von Ihrer Religion zu erzählen, wie sie ihre Religionen verstehen und praktizieren, was ihnen an ihrem Glauben wichtig ist. Allgemeine Informationen über die jeweilige Weltreligion standen nicht im Vordergrund bzw. sollten nur in dem Masse angesprochen werden, als sie zum Verständnis der jeweils persönlichen Glaubenspraxis nötig waren. Dem Vorbereitungsteam war bewusst, dass es angesichts der religiösen und konfessionellen Vielfalt in der Region schlicht unmöglich ist, diese personell im Rahmen eines Vormittags abzubilden. Was jedoch möglich ist, ist die Begegnung mit einzelnen Menschen und dafür war im Rahmen unseres Projekttags Gelegenheit.

Nach einem gemeinsamen Beginn in der Turnhalle Reichenbünt machten sich die Schüler*innen in Kleingruppen auf den Weg zu den einzelnen Stationen der Weltreligionen (Turnhalle Reichenbünt, Schulhaus Blattacker, katholisches Pfarreiheim Heerbrugg, evangelisches Kirchgemeindehaus, Zentruum Heerbrugg), wo sie von den Fachpersonen erwartet wurden. Die Fachpersonen erzählten, zeigten Gegenstände ihrer Religion und die Kinder hatten die Möglichkeit, Fragen zu stellen und auch das eine oder andere auszuprobieren (siehe Fotostrecke). Ein gemeinsames Mittagessen in der Turnhalle mit Köstlichkeiten aus aller Welt, vorbereitet von den Familien der Schüler*innen, bildete den Abschluss dieses schönen und lebendigen Vormittages.

Herzlichen Dank allen Mitwirkenden für die Vorbereitung des Projekttags, den Fachpersonen für ihr Kommen, den Familien für die Sorge um das leibliche Wohl und allen Beteiligten für das gelungene Miteinander in religiös-kultureller Vielfalt!

Pfrin. Sabine Gritzner-Stoffers

Irgendwann im November verabschiedet sich der Sommer endgültig. Nachdem die Natur in den Monaten September und Oktober noch einmal alles an Farben, Früchten und Gerüchen aufgeboten hat, wird es im November plötzlich ganz still in den Gärten, Wäldern und auf den Wiesen. Einzelne Blätter an Sträuchern und Bäumen trotzen noch dem Wind und den kühlen Temperaturen. Solange, bis auch sie nicht mehr die Kraft dazu haben und unbemerkt zu Boden sinken. Dann bettet sich die Natur zur Ruhe und verabschiedet sich für die Zeit des bevorstehenden Winters.
 
So wie in der Natur im November etwas zu Ende geht, geht im evangelischen und katholischen Festkalender in diesen Tagen das Kirchenjahr zu Ende (im Unterschied zur orthodoxen Kirche, für die das Kirchenjahr bereits im August endet). Aus diesem Grund erinnern sich evangelische und katholische Christinnen und Christen im November an ihre Verstorbenen: katholischerseits an Allerheiligen am 1. November, evangelischerseits am Ewigkeitssonntag, der in diesem Jahr auf den 20. November fällt. Das Sicherinnern an vertraute Menschen, die nicht mehr unter uns sind, weckt unterschiedliche Gefühle: Schmerz und Trauer, aber auch Freude und Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit. Viele Menschen besuchen die Gräber ihrer Lieben. Als Christinnen und Christen dürfen wir darauf vertrauen, dass Gottes Weg mit uns Menschen nicht an den Gräbern endet. Das meint der Name „Ewigkeitssonntag“. Er verweist uns auf Gottes Ewigkeit, die Dimension jenseits von Raum und Zeit, in der alles aufgehoben ist. Dieser Glaube kann trösten, wenn wir vertraute Menschen vermissen.
 
Das Beispiel der Natur, der Besuch des Friedhofs und der Gedanke an Gottes Ewigkeit können uns darüber hinaus an etwas erinnern, das uns manchmal gar nicht so recht ist: unsere eigene Vergänglichkeit. Sie gehört zu unserem Menschsein, auch wenn die Stimmen unserer Zeit - dass alles zu jedem Zeitpunkt machbar und verfügbar ist - uns vom Gegenteil überzeugen möchten. Sich der eigenen Vergänglichkeit bewusst zu sein, birgt trotz aller Ambivalenz eine grosse Chance: Nämlich das Wissen um den Wert unserer Lebenszeit. Unsere Lebenszeit ist so kostbar, weil sie begrenzt ist. Der stille Monat November lädt uns zu einem bewussten Umgang mit der uns geschenkten Zeit ein: Wir dürfen sie nutzen, gestalten und uns dankbar an ihr erfreuen.
 
Pfarrerin Sabine Gritzner-Stoffers

zuerst veröffentlicht am 11.11.22 im "Rheintaler"

Manuela Schäfer nimmt Abschied

Im Gottesdienst vom Dank-, Buss- und Bettag verabschiedete sich Pfarrerin Manuela Schäfer von der Kirchgemeinde Berneck-Au-Heerbrugg. Die Besucher des Gottesdienstes füllten die Kirchenbänke und alle verfügbaren Stühle in Erwartung eines gewohnt guten, knackigen, gehaltvollen, mit einer Prise Humor gewürzten Gottesdienstes – und sie wurden nicht endtäuscht.

Bereits in der Begrüssung ging die Pfarrerin auf die verschiedensten Lebensumstände ein, aus denen die Besucher in die Kirche kamen. Pfarrerin Sabine Gritzner-Stoffers trug Psalm 84 vor. Der Psalm ist überschrieben: Wie lieblich sind deine Wohnungen. Pfarrerin Manuela Schäfer nahm in ihrer Predigt einige wenige Episoden aus ihrer Wirkungszeit in der Kirchgemeinde auf. Und es gab nicht wenige denk-würdige Anlässe während ihren zwölf Amtsjahren. Alle aufzuzählen, würde jeden Rahmen sprengen. Aber ganz besonderes, behutsames Gewicht legte sie auf die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen, die sie ganz auf ehrlicher Beziehung aufbaute, von der Beziehungsarbeit zu allen Menschen ganz zu schweigen. Von grosser Symbolkraft zeugte die Giesskanne, die sie einst von Fritigsträff-Kindern geschenkt bekommen hatte. Sie zog die gebrauchte, verwitterte und arg mitgenommene Plastik-Giesskanne hervor und erinnerte daran, dass nur dort, wo das Wasser heraustropft oder –fliesst, sie ihren Zweck erfüllt und dass mit vergossenem Wasser die Samen spriessen können.

Als Zeichen der ökumenischen Zusammenarbeit lasen Pastoralassistent Reinhard Paulzen und Prädikant Felix Indermaur die Fürbitten für den Staat und die Dörfer sowie für die scheidende Pfarrerin und die Kirchgemeinden. Die Abkündigung für ein verstorbenes Glied der Gemeinde liess sich Pfarrerin Manuela Schäfer nicht nehmen und leitete über zum gemeinsamen Gebet Unser Vater.

Der Vizedekan des Pfarrkapitels Rheintal, Lars Altenhölscher, überbrachte die Grüsse und den Dank der Kantonalkirche und seiner Pfarrkolleginnen und –kollegen. Zum Abschied sprach er Manuela Schäfer Gottes Segen zu.

Der Männerchor Au Berneck, begleitet von Harfe und Flöte, umrahmte mit passenden Liedern die Feier. Die Organistin Ulrike Turwitt liess Orgel und Klavier zum Gemeindegesang erklingen und schenkte den Besuchern zum Ausgang ein lüpfiges Appenzeller Tänzchen.

Alle Besucher des Gottesdienstes wurden vor und in der Mehrzweckhalle nun zum Apero eingeladen. Passend zur manchmal unkonventionellen Art begrüsste die Guggenmusik „Guggesuuser“ die Gäste mit ihren schrägen Tönen.

Die Gäste nahmen Platz an den festlich gedeckten Tischen in der MZH. Dort wurde ein feines Mah-Meh-Gericht aus der Ochsenküche von den flinken Helferinnen des Kirchenvereins serviert.  Anschliessend unterhielt der Kirchen- und Gospelchor Berneck-Au-Heerbrugg die Gäste und bedankte sich mit einem eigenen Lied bei Pfarrerin Manuela Schäfer. Armin Bartl als Präsident der Kirchgemeinde dankte der wegziehenden Pfarrerin in warmen Worten und übergab ihr das gewünschte Geschenk, nämlich den Rasenmäher des Pfarrhauses, verbunden mit etwas Wegzehrung in Form von Bernecker Wein. In der Folge trafen Gruss- und Dankbotschaften von den benachbarten Kirchgemeinden Balgach und Diepoldsau-Widnau-Kriessern, von den politischen Gemeinden Berneck und Au und von der Ortsgemeinde Berneck ein. Mit launigen Worten wandte sich der Vertreter der katholischen Kirchgemeinde Berneck, Herr Pfarrer Josef Benz an seine evangelische Kollegin, ihren Mann Josef und an die versammelten Gäste. Ganz ins Herz aller jedoch traf der Kinderchor „Rägeboga“. Die Kinder sangen und spielten und zu guter Letzt traten sie mit einem Lied auf, das ganz „ihrer“ Manuela gewidmet  war. Weggefährten vom Kirchenverein, des Frauenvereins, ehemalige Mitglieder der Kirchenvorsteherschaft und Familien aus der Gemeinde füllten mit symbolischen Beiträgen eine grosse Kiste und Manuela Schäfer kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Bis am späten Nachmittag nutzten viele Gäste die Gelegenheit, der scheidenden Pfarrerin und ihrer Familie ein herzliches Lebe-Wohl und ebenso ein ehrlich gemeintes „Auf Wiedersehen“ zu wünschen. (fi)

Im Rahmen der Schuleröffnung der Primarschule Berneck gaben die mitwirkenden Religionslehr- und Pfarrpersonen sowie die Jugendarbeiterinnen von reformierter und katholischer Seite bei der Feier der anwesenden Schulgemeinde viele gute Wünsche mit auf ihren Weg. Nach coronabedingter Pause hatten sich alle Klassen dieses Jahr wieder in der evangelischen Kirche versammelt. Auch viele Familien waren gekommen und nahmen am unvergesslichen Moment der Schüler teil. Mit einem Konfetti-Regen wurden die Schulanfänger besonders begrüsst und genossen die Aufmerksamkeit im Zentrum sowie das sicht- und spürbare Zeichen von Segenskraft, die nach lautem Knall sanft und goldig auf sie hinunter rieselte. 

Alle gingen anschliessend durch einen Vorhang in Regenbogenfarben hinaus ins neue Schuljahr und nahmen auch hier auf ihre je eigene Art und Weise den «Streichelsegen» mit, indem sie andächtig, fröhlich-forsch oder vorsichtig durch die bunten Bänder schritten. Mit den ausgeteilten Begrüssungs-Weggli waren alle nun bestens gestärkt und vorbereitet für die kommende Zeit. (ms)

Ein arbeitsfreier Tag, grillieren und Feuerwerk, war’s das mit dem 1. August? Wie viele andere Feiertage möchte ich ihn immer wieder mit Inhalt füllen, sonst verkommt er zur reinen Folklore. Ich nehme ihn zum Anlass, über Heimat nachdenken. Neu ist das nicht, es hat für mich aber je nach Lebenssituation neue Facetten. Heimat ist ein Thema, dass so abgegriffen sein und auch so missbraucht werden kann, dass man sich ihm nur persönlich nähern kann. Ist Heimat denn nun ein konkreter Ort auf der Landkarte oder ein inneres Gefühl?

Jemand sagt mir: „Für mich ist Heimat der Blick vom Kobel hinunter zur Kirche in der Au, über das Rheintal hinweg.“ Heimat, das sind Gerüche oder Geräusche– Grossmutters Sonntagsbraten, das Glockengeläut aus dem Kirchturm. Und nicht zuletzt hat Heimat auch etwas mit Menschen zu tun, die ich kenne, bei denen ich mich aufgehoben und akzeptiert fühle. „Heimat ist da, wo ich verstehe und verstanden werde“, sagt der Philosoph Karl Jaspers.

Manche Menschen fühlen sich wie entwurzelt, wenn sie den ihnen vertrauten Ort verlassen müssen. Dass kann durch einen Umzug sein oder durch Vertreibung und Flucht. Andere werden innerlich heimatlos, wenn sie sich unverstanden fühlen und mit den Umständen an dem Ort, an dem sie leben, nicht mehr zurechtkommen. Irgendwo einen Wohnsitz zu haben, heisst nicht automatisch auch eine Heimat zu haben. Und manchmal wird einem die eigene Heimat auch fremd. Heimat, die kann man offenbar verlieren und auch wieder finden, die kann man mitnehmen, und neu finden.

Die Bibel weiss ebenfalls vom Verlust der Heimat. Viele ihrer Gestalten, angefangen von Mose bis hin zu Jesus, mussten Vertrautes verlassen und neu anfangen. Zu grossen Teilen ist die Bibel kritisch gegenüber der irdischen Heimat, weil Menschen darüber ihre Heimat bei Gott vergessen können: „Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir,“ heisst es im Hebräerbrief. Und doch brauchen wir eine Heimat hier, mindestens eine für dieses Leben.

Weil dieses Gefühl der inneren Wärme und der äusseren Zuverlässigkeit von Heimat so viel wert ist, darf darum gerungen werden. Heimat ist eben so vielfältig, wie wir sie auch erleben: Sie ist in Kopf und Herz, in der Weite der Landschaft mit ihren Menschen und Gebäuden, den Traditionen und Bräuchen. Auch dafür ist der 1. August da: Um uns zu stärken für die Aufgaben, die uns anvertraut sind, für dieses Land und seine Menschen, in unseren Familien, in Vereinen, der Politik und in den Kirchen.

(Pfrin. Manuela Schäfer, Berneck)
Zuerst veröffentlicht im "Rheintaler" vom 30.07.2022

Diese gebrauchten Gläser entdeckte die Autorin bei einem ihrer Besuche in der Brockenstube in Berneck. (Bild: sgs)

Es gibt viel Unerfreuliches auf der Welt. Dass das immer schon so war, macht die Sache nicht besser. Durch Menschen verursachtes Elend – wie Krieg, Hunger und Ungerechtigkeit – ist so alt wie die Menschheit selbst. Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen damals und heute: Noch nie hat menschliches Verhalten die Lebenswelt und Zukunft der nachfolgenden Generationen in so grossem Ausmass beeinflusst wie heute. Nahezu alles, was wir heute tun oder versäumen, hat Auswirkungen auf das Leben derer, die nach uns kommen.

Nein, ich werde jetzt keine Abhandlung über die Klimakrise schreiben – ich denke, jede und jeder ist ausreichend informiert. Ich möchte unser Augenmerk auf etwas anderes legen. Seit einiger Zeit beobachte ich eine interessante und hoffnungsvolle Entwicklung in unserer Gesellschaft: Der Secondhandhandel erfährt regen Zulauf. Ob über Mundpropaganda, digitale Plattformen oder analog in der Brockenstube und im Secondhand-Shop: Das Geschäft mit gebrauchten Gütern boomt und ist auch bei jungen Menschen sehr beliebt. Zu zweit oder in kleinen Grüppchen erkunden die Jugendlichen das Angebot in den Läden – und haben ganz offensichtlich Spass daran. Einen jungen Studenten, der immer wieder mal mit einem seiner Kollegen zum «thriften» loszieht, habe ich unlängst gefragt, warum er gerne in Secondhand-Shops einkauft beziehungsweise sie besucht. Folgende sieben Gründe hat mir der junge Mann genannt: 1. Es ist günstig. 2. Es gibt Marken bzw. ältere Modelle, die es heute nicht mehr gibt. 3. Vieles hat hohe Qualität, die ich bei der «Fast Fashion» oft vermisse. 4. Die Punkte 1 bis 3 begünstigen einen minimalistischen Lebensstil. 5. Es ist eine Möglichkeit, schöne Sachen anzuschauen, auch wenn man sie nicht kauft. 6. Es macht Spass, gemeinsam mit anderen zu stöbern. 7. «Thrifting» liegt im Trend, es ist «fashionable».

Das sind sieben Gründe, gebrauchten Gegenständen ein zweites Leben zu schenken. Sieben Gründe, die gut zu einem nachhaltigen Lebensstil passen: Gut Erhaltenes nicht wegwerfen, sondern wieder verwenden. So lassen sich Ressourcen sparen, die Umwelt wird geschont und Müllberge werden vermieden oder zumindest reduziert.

Gott hat uns seine wunderbare Schöpfung, unsere Erde, als Lebensraum anvertraut. Wir sollen sie beschützen und respektvoll mit ihr umgehen, da-mit auch die, die nach uns kommen, gut auf ihr leben können. Gebrauchte Dinge erwerben und ihnen so ein zweites Leben schenken, ist dafür eine gute Möglichkeit.

(Pfrin. Sabine Gritzner-Stoffers)

Zuerst veröffentlicht am 9.Juli 2022 im "Rheintaler"

Die evangelischen Kirchgemeinden des Mittelrheintals feierten ihren Regio-Gottesdienst. In diesem Jahr fand er in Berneck auf dem Gelände der Mobil-Werke statt und hatte das Motto «Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt!» Dieser Liedtitel wies auf das Thema Arbeit hin, welches aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wurde. Pfr. Jens Mayer (Balgach), Diakon Martin Nägele (Diepoldsau-Widnau-Kriessern) und Pfrin. Manuela Schäfer (Berneck-Au-Heerbrugg) gestalteten den Gottesdienst, in dem als Zeichen der Stärkung und Verbundenheit auch das Abendmahl gefeiert wurde. In der Predigt betonte Schäfer, dass alle, egal mit welchen Aufgaben, Berufen und Positionen, dienende Verantwortung für das Ganze übernehmen sollten. Den unterschiedlichen Menschen sei daher auch im Arbeitsleben mit Barmherzigkeit zu begegnen, die jeder nötig habe.
Für die Musik sorgte Aki Funakoshi am Piano mit dem Kirchen- und Gospelchor unter der Leitung von Anja Hangartner. Junge Berufsleute, Marcel Frei und Fabio Morandi, berichteten im Interview von ihrer Tätigkeit. Etwa 120 Personen waren der Einladung gefolgt und genossen auch das anschliessende Beisammensein bei hochsommerlicher Hitze. Der Kirchenverein Berneck bewirtete die Gäste mit kühlen Getränken und einem Imbiss. Dabei wurden sie unterhalten von der Band «Brüggler Brass». Die Kirchenvorsteherschaft hatte die Organisation des Anlasses übernommen und freute sich am regen Zuspruch an ungewöhnlichem Ort. Damit wird ihr Anliegen verwirklicht, als Kirche dort präsent zu sein, wo Menschen leben, arbeiten und ihre Freizeit verbringen. (ms)

(Fotos: Yvonne Hutter, Edith Schlegel)

Das Paradies schimmert durch die Ritzen der Türen. (Foto: ms)

Stell dir vor, du bist endlich angekommen im Paradies, alt und lebenssatt, mit deinem Koffer nach der langen Lebensreise. Und wie im schlimmsten Albtraum stehst du vor einer Wand von ähnlich aussehenden Türen und bekommst einen Schlüsselbund in die Hand gedrückt.

Wie viele Versuche hast du, eine Tür aufzusperren? Wird überhaupt ein Schlüssel passen? Du schaust durchs Guckloch und Erin­nerungen an dein Leben kommen hervor. Überhaupt, sieht es drinnen nicht so ähnlich aus wie dort, von wo du gekommen bist?

Wer dieser Tage durch Berneck läuft, stösst an allen Ecken und Enden auf  kleine Paradiese. Wer hier zu Hause ist, weiss schon lange, dass das Paradies hier und dort durch die Ritzen schimmert. Doch die gestalteten Gärten im Rahmen des Projektes des Kulturforums laden momentan besonders zur Beschäftigung mit dem Thema ein. Mir gefällt die Offenheit, die Vielfalt und der Austausch im öffentlichen Raum, die dadurch zustande kommen. Ich wünsche mir das auch für die Ausei­nandersetzung mit den biblischen Erzählungen, aus denen viele Motive vom Sehnsuchts­-ort Paradies stammen. Dabei spricht die Bibel ursprünglich vom Garten Eden, in dem vom hebräischen Wortstamm her Wonne, Wohlgefühl und Üppigkeit zu Hause sind. Das erlebe ich auch in den Bernecker Gärten, die von Farben, Formen und Kreativität nur so überfliessen. Die Menschen machen sich zu ihnen auf den Weg. Das Paradies ist nicht im Stillstand zu haben, es ist eine Tätigkeit. Es findet statt, wie der Titel des Projektes lautet. Es lockt und lädt ein, die Skeptiker und die, die meinen, einen Platz darin fest gebucht zu haben, die Philosophinnen und die, die sich ausschliesslich im Diesseits orientieren. So sehen unsere jeweiligen Paradiese unterschiedlich aus. Vielleicht können sie ja friedlich nebeneinander koexistieren. Sie stellen uns Fragen: Wo ist drinnen und draussen, und wer will und kommt hinein? Wem oder was will ich begegnen und oder auch nicht? Was gehört für mich dazu: Musik und Tanz, Essen und Trinken, Pflanzen und Tiere?

Wir brauchen die Geschichten vom guten Anfang. Sie wissen darum, dass es mehr gibt, genau zwischen Himmel und Erde. Von kaltem Realismus können wir nicht leben, sondern aus der Hoffnung, dass wir mit einem harmonischen Garten verbunden sind und unser Ursprung nicht auf dem Marktplatz oder einem Kriegsschauplatz liegt. 

Und immer da, wo Menschen Verantwortung übernehmen für ihr kleines Stück Paradies, da blüht das Leben auf, weil wir unserem Auftrag von Gott nachkommen, zu bebauen und zu bewahren. Den Weltgarten zu behüten und zu beschützen und alles, was für uns so wertvoll ist wie das Paradies. 

(Pfrin. Manuela Schäfer)
Veröffentlicht im "Rheintaler" vom 28.05.2022

(Quelle: www.pixabay.com)

«Ich hab die Faser nicht gesponnen, die Stoffe nicht gewebt, die ich am Leibe trage …»

So hat es der evangelische Pfarrer und Liedermacher Fritz Baltruweit (geb. 1955) in einem seiner Lieder ausgedrückt. Nichts von dem, was ich tue, was ich bin, ist denkbar ohne das, was andere vor mir getan haben. Vieles von dem, was ich heute bin, verdanke ich denen, die vor mir waren. Vieles verdanken wir unseren Müttern: Sie haben uns geboren, auch heute noch obliegt die Aufgabe der Kinderbetreuung und -versorgung zu einem grossen Teil den Müttern. Dafür darf man «Danke» sagen, am Muttertag und andernorts. Wenn wir von «mütterlichem Verhalten» sprechen, meinen wir meist versorgen, nähren, sich zuwenden, da sein, kümmern im guten Sinn. Wir merken schon: Solches vermögen auch Frauen, die nicht unsere Mütter sind, ebenso wie Väter, Verwandte und Freunde. Und so ist der Muttertag auch ein Tag, an dem wir uns bedanken können bei all den Menschen, die uns mütterlich begegnet sind: in unseren Kindertagen und vielleicht auch dann noch, wenn wir schon längst erwachsen geworden sind.

«Ich hab die Faser nicht gesponnen …»: Wir werden in ein Gewebe hineingeboren, das schon vor uns da gewesen ist. In ein Gewebe aus zärtlichen Momenten, Leidenschaft, Empfängnis und Geburtsschmerz, auch aus Fehlern, Gewalt und Verrat. All das beeinflusst, wie wir unseren Lebensfaden ansetzen. Zugleich schaffen wir immer wieder Neues. Etwas, das vorher nicht da war. Ich muss nicht das immer gleiche Muster wiederholen. Unser Gott ist ein Gott der neuen Anfänge. Ich bringe meinen Faden ein. Und das Muster wird ein anderes, wird neu. So ha-ben wir Anteil an der Schöpfung als Mitschöpferinnen und Mitschöpfer des Gottes, der aus dem Mund des Propheten Jesaja spricht: «Siehe, ich mache Neues, jetzt spriesst es auf, erkennt ihr es nicht?» (Jesaja 43, 18f)

Und so ist Mütterlichkeit ein Ausdruck dessen, wie Gott ist. Wie ein Kind vor der Geburt umgeben ist von seiner Mutter, ohne sich ein Bild von ihr machen zu können, so ist Gott uns nahe. Denn in ihm «leben, weben und sind wir», schreibt der Apostel Paulus (Apostelgeschichte 17, 28). Es tut gut zu wissen und zu spüren: Wir sind miteinander verbunden im grossen Gewebe des Lebens. In das Gewebe sticken wir unseren Faden hinein, im Vertrauen auf Gott, der alle Fäden in seinen Händen hält.

(Pfrin. Sabine Gritzner-Stoffers)

Veröffentlicht am 7.5.2022 im "Rheintaler" (Mütterlichkeit ist ein Lebensfaden - rheintaler.ch)